Mittwoch, Juni 28, 2006

BUCKELMANN UND DER STURZ DER SADDAM STATUE (Anfang der Geschichte)

[aus: "BUCKELMANN VERKEHRT ZURÜCK"]

Eines Dienstag Morgens, Buckelmann saß gerade vor seinem Lieblingsrestaurant 'Dr. Wok' und war dabei, Nudeln mit Hühnerfleisch zu frühstücken, setzten sich zwei Männer zu ihm an den Tisch und dazu gesellte sich wenig später ein weiterer Herr, der sich als Lieutenant Pigeon vom amerikanischer Militär vorstellte. Er sei in einer Zivilangelegenheit unterwegs, Codename 'Mouldy Old Dove', und fügte an, die beiden Männer neben ihm würden ihn zu seinem Schutz begleiten, denn man könne ja nie wissen. "Was kann ich für sie tun?" wollte Buckelmann sagen, aber aus seinem Mund war statt dessen ein eher ängstliches "Was habe ich getan?" zu hören.

Er, Buckelmann, hätte sehr viel getan, sagte Lt. Pigeon, hauptsächlich hätte er sich jahrelang mehr als rührend um eine Gruppe Exil-Iraker gekümmert. Um Hassan al Majid (Buckelmann allerdings besser als 'der dicke Hassan' bekannt), Moussa Moussadek, Ali Mohammad (den Buckelmann nur unter dessen Spitzname 'Moha' kannte, den dieser, wie Buckelmann dachte, wegen seines enormen Milchkonsums erhalten hatte), den frommen Murat, der offensichtlich Murat Yetkin hieß, und noch acht andere notleidende Flüchtlinge.

Das stimmte. Buckelmann hatte die Gruppe vor ein paar Jahren im Deutsch-Arabischen Zentrum kennen gelernt, als er einen Kurs belegte hatte um dort zu lernen, 'Eau de Vie' selbst zu brennen, das arabische Wasser des Lebens. Alkoholgenuss war den strenggläubigen Arabern zwar strengstens verboten, aber Wasser kann man in Wüstenregionen schließlich nie genug haben. Mit Hassan, Moussa, Moha und Murat freundete sich Buckelmann schnell an. Schlimme Dinge erzählten sie ihm über Saddam Husseins Regime, zum Beispiel, dass Murats Bruder in einem irakischen Gefängnis der Unterschenkel amputiert worden sei. Und der irakische Geheimdienst habe Murat später ein Foto des Bruders ohne Bein zugeschickt, zur Einschüchterung, wie er sagte. Buckelmann war anfangs skeptisch, aber schließlich kam er zu der Überzeugung, dass an der Sache etwas dran sein könnte - oder auch ab, je nach dem wie man das sah.

Im Grunde waren alle Vier aber treue Seelen und Buckelmann nahm sie auch schon mal mit zu sich nach Hause, dann wieder gingen alle gemeinsam ins Schwimmbad und einmal organisierte Buckelmann einen Grillabend, oben am Steinkreuz, mit einem Lagerfeuer und da waren sogar die acht anderen dabei und alle waren glücklich und feierten ihre Freiheit. Allerdings waren diese Momente eher selten, denn die meiste Zeit redeten Buckelmanns irakische Freunde darüber, dass sie wieder in den Irak zurück wollten. Am liebsten sofort, sagte Moha, aber das ginge nicht, so lange Saddam und dessen Söhne und Cousins die Macht hätten.

"Hören Sie mir überhaupt zu?" sagte Lt. Pigeon zu Buckelmann. "Ich sagte, die amerikanische Regierung möchte die zwölf Herren in den Irak zurückbringen. Und ich versichere Ihnen, dass niemand während des Fluges aus dem Flugzeug fallen wird. Wenn Sie wollen", fuhr Pigeon fort, "können Sie sogar mitfliegen, nach Bagdad." - Bagdad? Buckelmann war zwar im Gedanken schon einmal in Afghanistan gewesen, aber im Irak jedoch noch nie. Ob das nicht gefährlich sei, fragte er zurück. "Jungchen" sagte Pigeon "das ist doch der Spaß an der Angelegenheit. Wenn Sie schon einmal in einem Vergnügungspark gewesen sind, indem es im grunde todlangweilig war, dann lernen Sie ein bisschen todernste Abwechslung zu schätzen."

Einen Tag später saßen Buckelmann und seine Freunde in einem vollklimatisierten Bus der US-Army und wurden nach Rammstein gefahren. Dort stiegen alle in einen C17-Airlifter und schon sechs Stunden später waren sie auf dem Bagdad International Airport angekommen und betraten den Boden, auf dem einst die zivilisierte Menschheit geboren wurde. Lt. Pigeon nahm Buckelmann beiseite und sagte ihm mit bedeutungsvoller Stimme und auf die Ex-Exil-Iraker deutend: "Die wollen jetzt bestimmt erst einmal zu ihren Familien. Da würden wir nur stören." Murat kam auf Buckelmann zu, dankte ihm für alles, was er für ihn und seine Freunde getan habe, und sagte: "Jetzt sind wir frei und niemand manipuliert mehr unser Leben." Auch Buckelmann verabschiedete sich von seinen Freunden und rief ihnen nach, sie sollten sich mal wieder bei ihm melden. Sein Geleitschutz war jetzt nicht mehr notwendig, denn unter dem Schutz von US Soldaten fuhr man die Zwölf ins Herz von Bagdad.

Lt. Pigeon kam nochmals auf Buckelmann zu und fragte ihn, ob er gleich wieder zurückfliegen wolle oder wie lange er in Bagdad zu bleiben gedenke? Falls es für länger wäre, sagte Pigeon, dann könne man ja zuerst ein paar Minenfelder inspizieren gehen um dann ein Museum zu besuchen. Dann beugte er sich aber mit seinem Mund nahe an Buckelmanns Ohr und sprach mit leiser Stimme: "Wenn Sie allerdings gleich zurückfliegen wollen, dann könnten Sie für mich ein paar Tontafeln mitnehmen. Natürlich alles Kopien, wissen Sie. Das ist genauso, wie mit Saddams Doppelgängern; auch die sehen wirklich verdammt echt aus." Pigeon zwinkerte Buckelman zu. "Als Dank würde ich ihnen eine kleine Hammurabi-Stele schenken. Selbstverständlich auch eine Kopie ... Sie verstehen?" Pigeon lächelte. "Wissen Sie, viele wollen so schnell wie möglich wieder aus dem Irak raus: Minen, Cholera, Überfälle und Plünderungen. Die nächste C- 17 zurück nach Europa startet in ... äh ... lassen Sie mich kurz nachdenken ... genau fünfzehn Minuten." Lt. Pigeon schaute Buckelmann interessiert an. "Welchen Flug kann ich für Sie buchen? Den nächsten?" Buckelmann nickte.


[...diese Geschichte setzt sich fort...]

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